Nachhaftung
Aus dem § 3 des deutschen Pflichtversicherungsgesetzes (PflVG) und – vor allem – aus dem § 177 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) ist jedes Versicherungsunternehmen verpflichtet, bei jedem Kfz-Haftpflichtversicherungsvertrag bis zu einem Monat nach Beendigung des Vertragsverhältnisses noch für alle Entschädigungsleistungen aus dem jeweiligen Vertrag zu haften.
Damit soll verhindert werden, dass ein Geschädigter möglicherweise keinen Ersatz mehr für den ihm entstandenen Schaden erhält, weil der verursachende Versicherungsnehmer seinen Versicherungsvertrag bereits kurz nach dem Schadensereignis beendet hat. Auch im Hinblick auf Schadensfälle, bei denen der Geschädigte ein Bürger im EU-Ausland ist, ist diese Regelung bedeutsam: gerade hier dauert es oft deutlich länger, bis eine Schadensforderung das zur Leistung verpflichtete Versicherungsunternehmen erreicht.
Haftung des Versicherungsunternehmens zu den Bedingungen des aufrechten Vertrages
Die Haftungspflicht des Versicherungsunternehmens nach Vertragsende richtet sich dabei nach den Bedingungen des ursprünglichen Vertragsverhältnisses, als es noch aufrecht war, und der im Versicherungsvertrag vereinbarten Deckungssumme. Eine Einschränkung der Leistungen durch das Versicherungsunternehmen, weil der Versicherungsvertrag schon beendet ist, ist nicht zulässig.
Keine Leistung aus dem Versicherungsvertrag mehr für Geschädigte nach Ende der Nachhaftung
Ist die Monatsfrist nach Beendigung des Versicherungsvertrages jedoch abgelaufen, erhält ein Geschädigter aus dem Versicherungsvertrag keine Entschädigungsleistungen mehr. Lediglich in Fällen von Fahrerflucht könnte – dann aber ausschließlich für Personenschäden – eine Entschädigungsleistung vom Unfallopfer beantragt werden. Alle anderen Forderungen müssen sich an den Verursacher selbst richten, eine Entschädigungsleistung ist dann aber von den finanziellen Möglichkeiten des Verursachers abhängig – ist er insolvent, geht der Geschädigte leer aus, da es im Bereich der Kfz-Versicherungen keine Ausfallsdeckung gibt.
Beginn und Ende der Nachhaftung
Gesetzlich ist der Beginn der Nachhaftungsfrist mit dem Datum festgelegt, an dem das Versicherungsunternehmen der zuständigen Verkehrsbehörde das Ende des Versicherungsschutzes mitteilt. Die Nachhaftungsfrist endet dann genau einen Monat danach.
Die Nachhaftungsregelung gibt es nicht EU-weit
In den meisten anderen EU-Ländern gibt es allerdings keine Regelungen für die Haftungspflicht eines Versicherungsunternehmens nach Beendigung des Versicherungsvertrages. Die Regelung der Nachhaftung gilt daher nicht, wenn der Unfallverursacher bei einem ausländischen Unternehmen versichert ist, und diesen Vertrag bereits kurz nach dem Schadensereignis kündigt. In solchen Fällen müssen Forderungen an den ausländischen Versicherungsnehmer selbst gestellt werden.
Die Pflicht zur Nachhaftung gilt auch bei Kündigung durch den Versicherer
Kündigt das Versicherungsunternehmen dem Versicherungsnehmer den Vertrag, beispielsweise aufgrund von Beitragsrückständen oder aus anderen zulässigen Gründen, trifft das Versicherungsunternehmen dennoch die Pflicht zur Nachhaftung wie bei jeder anderen Kündigung. Bei Forderungen gegen den Versicherungsnehmer muss das Unternehmen auch hier noch einen vollen Monat nach Ausspruch der Kündigung zu den ursprünglichen Vertragsbedingungen ohne Einschränkungen leisten.
Es gelten aber für die Nachhaftungspflicht natürlich die üblichen Einschränkungen zur Leistungspflicht des Versicherers – unter ganz bestimmten Umständen darf sich nach dem Versicherungsvertragsgesetz der Versicherer ja für leistungsfrei erklären, beispielsweise bei Fahren unter Drogen Einfluss.